Mietenwahnsinn ist… Interview #01

…VONOVIA – wenn du zwar Aussicht auf Recht hast, aber trotzdem aus der Wohnung raus musst.

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Ein Interview der Recht-Auf-Stadt Gruppe Löbtau „Unsere Straße – Unsere Stadt“ (RaS Löbtau) mit einer ehemaligen VONOVIA Mieter*in Alex Baumgarten (A.) von der Berliner Straße. A. wohnte in einer seit 2007 bestehenden Wohngemeinschaft. Mit dem Eigentümerwechsel zur VONOVIA begannen die Probleme und Komplikationen. Der lange juristische Weg konnte nicht bis zu Ende gegangen werden.

RaS Löbtau: Hallo A.*, schön dass du die Zeit und die Kraft aufgewandt hast, um über deinen persönlichen Mietenwahnsinn zu sprechen. Am 06. April findet in Dresden am Postplatz eine Demo zum Thema „Dresdens MietenwahnsinnStoppen“ statt. Was ist für dich Mietenwahnsinn?

A.*: Mietpreise, die es jungen Menschen und Menschen aller Art nicht erlauben, sich Wohnraum leisten zu können. Und wenn eine große Abhängigkeit vom Vermieter*in besteht, auf die man selbst keinen Einfluss nehmen kann. Dadurch ist dass Kräfteverhältnis so ungleich, dass Menschen ihre Wohnung verlieren.

RaS Löbtau: Jetzt hast du bereits Erfahrungen mit der Mietpolitik von Großvermieter*innen gesammelt. Wann begann dein ganz persönlicher Mietenwahnsinn?

A.: Für mich gab es folgende Situation: Meine alte WG, bestehend aus 3 Hauptmieter*innen, wurde aufgelöst und ich war als einzige Mieter*in verbleibend. Wie es seit ca. 2007 regelmäßig der Fall war, wollten wir die zwei ausziehenden Mieter*innen durch neue Hauptmieter*innen ersetzen. Wir stellten die bisher notwendigen Nachweise zur Bonität zusammen und haben diese bei der VONOVIA eingereicht.

Die erste Hürde war nun, dass wir auf einmal einen Wohnberechtigungsschein benötigten. Dies war erstmal für uns als Studierende mit niedrigem Einkommen kein Problem. Die zweite Hürde war nach der Einreichung, dass auf einmal nur noch ein Hauptmieter akzeptiert wurde. Die daraus resultierende Verantwortung und Übernahme der Bürgschaft für alle weiteren Mieter*innen war mir jedoch zu hoch.

Mit den Unterlagen habe ich mich dann an den Mieterverein gewandt und die Aussage erhalten, dass dieses Verhalten nicht rechtmäßig sei und wir einen Rechtsstreit voraussichtlich gewinnen können.

RaS Löbtau: War euch vor dem Mieterwechsel bekannt, dass es sich um eine Sozialwohnung handelt? A.: Die Wohnungen wurden scheinbar zu Sozialwohnungen umfunktioniert, während wir dort gewohnt haben. Eine Kenntnisnahme dazu hatten wir nicht. Das Problem war nun, dass die zwei weiteren Mieter*innen eingezogen sind, jedoch keinen Mietvertrag hatten. Im Gleichen Moment haben wir noch eine Ankündigung zur Mieterhöhung um ca. 80 EUR wegen einer Heizungserneuerung erhalten. zusätzlich hatten wir eine Anpassung der Miete nach dem Mietspiegel im Briefkasten. Insgesamt sollte die Mieterhöhung ca. 150 EUR betragen.

RaS Löbtau: Wenn ich kurz zusammenfasse, gab es folgende Problem: Dem Hauptmieter*innenwechsel, eine Modernisierungsankündigung und Mietsteigerung auf Grund des Mietspiegels. Habt ihr eine Idee, warum alle drei Themen auf einmal gekommen sind?

A.: Aus unserer Sicht hing das fest mit dem Vermieter*innenwechsel zusammen. Mit dem Wechsel zur VONOVIA wurden auf einmal die bekannten Vorgänge geändert. Beim Kontakt mit der VONOVIA wurde uns als Kompromiss vorgeschlagen, den alten Mietvertrag zu kündigen und uns neu mit drei Hauptmieter*innen um die Wohnung zu bewerben, während wir schon drin wohnen.

RaS Löbtau: War das für euch eine Option?

A.: Aus unseren Erfahrungen mit den umliegenden und beim Mieterwechsel verteuerten Wohnungen war uns sofort klar, dass wir diesen riskanten Schritt nicht gehen würden. Unsere Wohnung war noch eine der letzten mit einem alten Mietvertrag und in einem unsanierten Zustand.

RaS Löbtau: Im Zusammenhang mit den Wechsel bei der Gagfah war bereits von zahlreichen Umstrukturierungen die Rede. Z.B. wurden Bereiche zentralisiert und Ansprechpartner*innen sind aus Dresden verschwunden. Hattet ihr denn selbst persönlichen Kontakt mit der VONOVIA?

A.: Unser engster Kontakt mit der VONOVIA bestand in dem Moment, wo uns vorgeschlagen wurde, den alten Mietvertrag zu kündigen und einen neuen aufzusetzen. Indem Moment wurde uns Mut von der VONOVIA zugesprochen.

RaS Löbtau: In vielenkritischen Presseartikeln zum Thema Miete wird auf die Aktivitäten der VONOVIA Bezug genommen. Einer der Hauptvorwürfe lautet,dass sie falsche Betriebskostenabrechnungen oder Mieterhöhungen zu versenden. Seid ihr davon auch betroffen gewesen?

A.: Ein Beispiel zur Mieterhöhung fällt mir ein. Es wurde uns gegenüber eine Mieterhöhung ausgesprochen, weil Security Personal im Innenhof laufen würde. In Summe mussten wir 1-2 Cent pro m2 mehr bezahlen. Das Security Personal haben wir jedoch nie gesehen. Bei der Betriebskostenabrechnung hatten wir selbst immer Schwierigkeiten beim Lesen und Verstehen. Diese wurde laufend verändert und waren für mich als Laien schwer nachzuvollziehen.

RaS Löbtau: Was hätte euch in diesem Moment geholfen?

A.: Im Nachgang betrachtet die Information darüber, dass es falsche Betriebskostenabrechnungen von der VONOVIA geben kann. Das habe ich erst nach unseren Auszug festgestellt.

RaS Löbtau: Gerade der Mieterverein steht für eine Vertretung von Mieter*innen im rechtlichen Bereich. Der Kontakt wurde im Zusammenhang mit dem verwehrten Mieter*innenwechsel aufgebaut. Was wurde euch da empfohlen?

A.: Neben dem Mieter*innenwechsel standen wir ebenfalls im Kontakt wegen der Modernisierungsankündigung. Das angestrebte Rechtsverfahren mit einem möglichen Bescheid wurde jedoch aus den Erfahrungswerten heraus mit einem Zeitraum von 2 Jahren angegeben. Das war dann der Zeitpunkt, zu dem wir uns entschieden haben, auszuziehen.

RaS Löbtau: Was waren eure Beweggründe für den Auszug?

A.: Die ersten Monate nach dem beabsichtigten Hauptmieter*innenwechsel waren wir mit den Wohnberechtigungsscheinen beschäftigt. Die nächsten Monate ging es dann um den neuen Mietvertrag. Der ganze Prozess hatte da bereits 1,5 Jahre gedauert. Und ständig kamen neue Forderungen. Dadurch konnte eine Mieterin ihren Wohnsitz nicht nach Dresden ummelden, um so das notwendige BaFög zu beantragen. Mit der Aussicht, dass sich so schnell nichts ändern würde, ist sie dann ausgezogen.

RaS Löbtau: Und in diesem Zusammenhang seid ihr dann geschlossen ausgezogen?

A: Ja. In dem Moment wo ich als einzig verbliebene Hauptmiete*inr im Mietvertrag stand und der lange Zeitraum bis zu einer gerichtlichen Klärung sehr lang erschien, war mir persönlich das finanzielle Risiko des Gerichtsverfahrens einfach zu hoch. RaS Löbtau: Würdest du zukünftig bei der Wohnungssuche auf spezielle Rahmenbedingungen achten? A.: Ja, definitiv würde ich nicht mehr bei der VONOVIA oder bei vergleichbaren Großvermieter*innen wohnen oder einziehen. Die Kommunikation war schwierig. Antworten auf eigene Anliegen kamen nicht und ständig wurden neue Forderungen gestellt.

RaS Löbtau: Im Zusammenhang mit der Mietendemo am 06.04. wird dazu aufgerufen, Schreiben und Emails der Vermieter*innen mitzubringen und sie gemeinsam zu schreddern. Was hast du mit den Schreiben der VONOVIA im Nachgang gemacht?

A.: Als alles durch war, habe ich diese entsorgt. Ich war einfach nur froh, als das Kapitel für mich abgeschlossen wurde.

RaS Löbtau: Fühlst du dich jetzt wohl in deiner Wohnung?

A.: Glücklicherweise ja. Wir sind wesentlich freier. Können gemeinsam das Haus und den Garten gestalten. Alles Dinge, die vorher nicht gingen.

RaS Löbtau: Cool, dass du ein neues zu Hause gefunden hast und mit dem Thema VONOVIA abschließen konntest. Vielen Dank für deine Zeit!

*Namen geändert

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