Das Bündnis Mietenwahnsinn – Stoppen – Dresden begrüßt die längst überfällige Auseinandersetzung der Stadt Dresden mit der sozialen Erhaltungssatzung als Instrument zum Schutz vor Verdrängung und Wohnraumverlust.
Nach Sichtung werden jedoch Kritikpunkte deutlich, die ein Nachschärfen erforderlich machen. Im Nachfolgenden beziehen wir uns auf den interfraktionellen Antrag der SPD- und Dissidenten-Fraktion.
Allgemeine Forderungen:
1. Schutz der sozialen Bewohner:innenstruktur höher priorisieren und schneller umsetzen.
Wir fordern eine höhere Priorisierung und schnellere Umsetzung der Maßnahmen zum Schutz der sozialen Bewohner:innenstruktur in einem Gebiet. Denn nur durch schnelles und entschiedenes Handeln kann Entwicklungen entgegengewirkt werden, die in anderen Städten bereits zur Realität geworden sind, und sich z. B. in Form von hohen Mieten und Verdrängung zum Nachteil der Bewohner:innen auswirken. Dazu zählt aus unserer Sicht auch eine langfristige und vorausschauende Planung.
2. Mieter:innenschutz geht nicht von heute auf morgen! Bezahlbares Wohnen langfristig und vorausschauend planen.
Daher fordern wir die Stadt ferner dazu auf, darzulegen, wie sie auf das Auslaufen der Belegungsbindungen reagieren möchte, um massive Mietpreissteigerungen bei Wohnungen mit Belegungsbindung zu begegnen. Die Bereitstellung bezahlbaren Wohnraums ist eine Aufgabe, die längerfristiger und kontinuierlicher Anstrengung bedarf. Für den Erfolg bedarf es außerdem eines Vorgehens auf unterschiedlichen Ebenen unter Nutzung verschiedenster Mittel.
3. Möglichkeiten aller Konzepte zum Mieter:innenschutz ausschöpfen.
Vor dem Hintergrund des Bedarfes unterschiedlicher Instrumente lehnen wir die als einseitig empfundene Orientierung am Münchener Modell ab und fordern zusätzlich eine stärkere Orientierung an Konzepten anderer Städte, wie z.B. der Stadt Leipzig. Die sich dadurch ergebende Möglichkeit des Vergleichs unterschiedlicher Modelle eröffnet nicht nur zusätzliches Innovationspotential, sondern hilft auch dabei, Ansätze kritisch zu hinterfragen, diese dadurch besser zu verstehen und damit Entscheidungen nachvollziehbarer zu machen.
4. Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Kriterien und Entscheidungen in der Stadtplanung
Wir fordern im Zusammenhang der Stadtplanung eine stärkere Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Kriterien bei der Auswahl der Sozialbezirke. Dazu ist insbesondere notwendig, städtische (anonymisierte) Daten und die Kriterien ihrer Interpretation der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. Im Einzelnen fordern wir:
a) Die der Erstellung der Auswahl zugrunde liegenden Überlegungen bezüglich der Erhaltungssatzung sind vollständig offen zu legen, d. h. zum Download für alle Interessierten bereit zu stellen, damit sie von jedem nachvollzogen werden können.
b) Insbesondere ist zu klären, warum Gebiete mit weniger als 500 WE im MFH ausgeschlossen wurden und die Herkunft von Menschen mit Migrationshintergrund eine gesonderte Bedeutung erhalten. Nur durch eine klare nachvollziehbare Darlegung der Parameter eines Modells ist es möglich, dieses nicht nur allgemeinverständlich zu halten sondern auch für dessen Akzeptanz zu sorgen.
c) Dabei sollen die Bezirke nicht allein nach dem Postleitzahlen-Gebieten ermittelt werden, da diese oftmals wahllos durch Wohnquartiere verlaufen und die soziale Struktur, die durch die soziale Erhaltungssatzung geschützt werden soll, nicht real dargestellt werden kann.
d) Nicht enthaltene Gebiete (Jägerpark, Pieschen-Nord, Prohlis, Gorbitz, Neu-Omsewitz und Leubnitz ) sollten ebenfalls eine detailliertere Untersuchung bzgl. Aufwertungs- und Verdrängungspotential bzw. Aufwertungs- und Verdrängungsdruck erfahren, damit eine ungewollte Vorauswahl und dadurch eine potentielle Verfälschung der Ergebnisse verhindert werden kann.
5. Aufwertungs- und Verdrängungsdruck stärker gewichten.
Im Screening sollten der Aufwertungs- und Verdrängungsdruck eine stärkere Gewichtung erhalten, um die Realität der Verdrängung von Bewohner:innen auch aus dieser wichtigen Perspektive erfassbar machen zu können.
6. Prüfung weiterer Instrumente für Quartiere ohne Erhaltungssatzung.
Da in der Erhaltungssatzung nicht alle Einzelschicksale Beachtung finden können, fordern wir die Prüfung weiterer Instrumente (z. B. Umstrukturierungssatzung) um auch kurzfristig Quartiere (z. B. das Quartier Stauffenbergallee 29-71) vor akuten sozial unverträglichen Veränderungen zu schützen.
7. Vorkaufsrecht als wichtiges Mittel zur Befreiung von Mietshäusern vom Spekulationsmarkt wieder einführen und stärken.
Das Vorkaufsrecht schützt vor Verdängung und fördert so den Milieuschutz! Selbst nach dem BVerwG, Urteil vom 09.11.2021 – 4 C 1.20 -, kann dieses weiterhin bei faktisch erhaltungswidrigen Bebauungsplänen durch die Stadt genutzt werden. Falls nur eine Annahme der erhaltungswidrigen Bebauungsplanung vorliegt, kann die Stadt mit den neuen Eigentümer:innen immer noch eine Abwendungsvereinbarung abschließen, um Mieter:innen z.B. vor steigenden Mieten zu schützen. Bei Umsetzung des Vorkaufsrecht fordern wir, dass der erworbene Wohnraum nicht nur an Wohnungsbaugesellschaften oder Wohnungsgenossenschaften verkauft wird, sondern ein Verkauf an alternative Wohnformen (OHNE NAZIS!) gleichberechtigt geprüft wird.