1. Wie seid Ihr darauf gekommen, das Zentralwerk als Genossenschaft zu übernehmen und somit dem meist profitorientierten Immobilienmarkt zu entziehen?
Historisch gesehen handelt eine Genossenschaft nach solidarischen und egalitären Prinzipien. Deshalb war das die uns am logischsten erscheinende Rechtsform. In unserem Fall bedeutet das konkret zum Beispiel: Wirtschaftlich stärkere Mitglieder haben mehr Startkapital beisgesteuert, aber alle haben das gleiche Mitspracherecht. Alle Genossen entscheiden gemeinsam über die Geschicke des Projekts. Eine Genossenschaft muss außerdem Mitglied eines Genossenschaftsverbandes sein, der ihre Wirtschaftlichkeit regelmäßg prüft. Das macht eine Insolvenz unwahrscheinlicher als bei einer GmbH.
Viele Studien legen nahe, dass eine bunte Durchmischung in einem Viertel zur Lebensqualität der Bewohner:innen beiträgt. Die Eigentumsform der Genossenschaft kann hier als Alternative zu einem Rückkauf von Immobilien durch die Stadt oder dem Verkauf an private Eigentümer:innen (von großen Immobilienspekulant:innen bis hin zu kleineren Privateigentümer:innen) gesehen werden.
Was sind Eure Gedanken dazu?
Auch eine (Wohn-)Genossenschaft ist juristisch gesehen ein privater Eigentümer und nicht zwingend gemeinwohlorientiert – sie kann es aber sein, wenn das in der Satzung so festgeschrieben ist. Insofern ist sie sicher eher als Akteur einer auch sozial gesunden Stadtentwicklung geeignet als eine der üblichen Kapitalgesellschaften. In unserem Fall ist die Gemeinwohlorientierung durch die Zusammenarbeit mit der Stiftung TRIAS in der Satzung festgeschrieben. Die Stiftung ist Eigentümer von Grund und Boden, auf dem das Zentralwerk steht, und sie verfolgt das Ziel, Spekulation im Umgang mit Grundbesitz zu vermeiden. Die Rechtsform der Genossenschaft ist vielleicht nicht so entscheidend – wie das Mietshäusersyndikat zeigt. Wichtiger sind sicher demokratische Strukturen und ein Verzicht auf Gewinnorientierung. Auf der Minus-Seite steht: Eine Genossenschaft macht viel Arbeit, das fällt vor allem dann ins Gewicht, wenn diese vorwiegend ehrenamtlich erbracht wird.
Anstatt eines Vorkaufsrechts der Stadt wäre auch eine Art Vorkaufsrecht durch kulturelle Akteur:innen innerhalb eines Viertels denkbar – z.B. in Form einer Genossenschaft.
Was sind Eure Gedanken dazu?
Das fänden wir natürlich super. Dazu braucht es aber erst mal entsprechende gesetzliche Regelungen. Und in denen müsste wohl auch festgeschrieben sein, wie dieses Vorkaufsrecht legitimiert wird. Man sollte bedenken: Wir sind hier in Sachsen und etwaige „kulturelle Akteur:innen“ könnten auch aus einer politischen Ecke kommen, die in der Frage wohl nicht mitgedacht wurde 😉
Raum für Kultur im Viertel erhalten – Welche Rolle hat das in Eurer Entscheidung für eine Genossenschaft gespielt?
Eine grundlegende, wie schon der Name unserer Genossenschaft erkennen lässt: Die Kultur steht an erster Stelle. Insofern verstehen wir uns schon als Kondensationskern für eine kulturelle Entwicklung des Viertels. Wir sind uns aber natürlich ebenfalls der Ambivalenz der Sache bewusst, denn kulturelle Entwicklung birgt immer auch die Gefahr eines Gentrifizierungsschubes.