Kommunalwahl 2024

Am 9. Juni wählt Dresden einen neuen Stadtrat. Wir haben uns die Programme der antretenden Parteien durchgelesen und für Dich zusammengefasst, was diese zur Lösung der Wohnungskrise vorhaben. Da sich Wahlprogramme und tatsächliches Handeln oft unterscheiden, haben wir auch das Abstimmungsverhalten der Parteien zu wohnpolitischen Fragen im bisherigen Stadtrat aufgelistet. Viel Spaß beim Lesen!

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Abstimmungsverhalten

Im Folgenden zeigen wir Dir wie sich die verschiedenen Parteien zu folgenden Abstimmungen positioniert haben:

Senkung Sozialbauquote

Die Sozialbauquote legt fest, wie groß der Anteil geförderter und preisgebundener Mietwohnungen beim Bau neuer Wohnkomplexe sein soll. Da die Bindung solcher sogenannter Sozialwohnungen1 schon nach wenigen Jahren ausläuft, gibt es in Dresden, wie in allen deutschen Großstädten, viel zu wenige davon. Trotzdem wurde die Sozialbauquote 2021 halbiert. Zuvor hatten die Freien Wähler eine generelle Absenkung von 30% auf 15% gefordert. In einem von CDU, FDP, SPD und Grünen ausgehandelten „Kompromiss“ wurde eine Staffelung nach Größe des Bauprojekts beschlossen, für Wohnprojekte unterhalb einer gewissen Größe eine Quote von 15% und erst darüber 30% gilt. Im Gegenzug zog der Bauunternehmer Lobbyverband „Stadtgestalter Dresden“ seine Klage vorm Verwaltungsgericht gegen die Dresdner Sozialbauquote zurück. So gut wie jede andere deutsche Großstadt hat eine Sozialbauquote von 30% oder mehr, in München sind es sogar 60%, trotzdem hielt das ihrerzeit keinen Investor vom Bauen ab.

Für Absenkung: CDU, FDP, Grüne, SPD, Freie Wähler und AfD

Gegen Absenkung: Die Linke und Dissidenten

1: Sozialwohnungen sind öffentlich geförderte Wohnungen für die eine geringere als die durchschnittliche Miete gezahlt werden muss. Die Preisbindung gilt aber nur für einige Jahre, danach kann der Vermieter die Miete erhöhen durch Angleichung an den Mietspiegel oder Luxussanierung wie in jeder anderen Wohnung auch. In den Bundesländern ist die Sozialpreisbindung unterschiedlich geregelt, in Sachsen gilt sie nur für 15 Jahre. Für viele Dresdner Sozialwohnungen läuft diese Befristung auch kommendes Jahr wieder aus. Wir fordern die Abschaffung dieser Begrenzung!
Um in einer Sozialwohnung einzuziehen, wird ein Wohnberechtigungsschein benötigt. Diesen bekommen besonders Bedürftige, wie etwa Sozialhilfebeziehende oder Alleinerziehende mit geringem Einkommen.
Doch selbst für Menschen mit Wohnberechtigungsschein gibt es viel zu wenige Sozialwohnungen, so dass sie mit allen anderen am freien Wohnungsmarkt um Wohnungen konkurrieren müssen, die sie sich eigentlich nicht leisten können.

Soziale Erhaltungssatzung

Eine soziale Erhaltungssatzung bezieht sich auf einzelne Stadtgebiete – oft auch Milieuschutzgebiete genannt. Für diese Stadtteile wird befürchtet, dass umfassende Sanierungs- und Teuerungswellen bevorstehen, z.B. weil das Stadtgebiet attraktiv aber noch verhältnismäßig günstig ist. Die Stadt kann mit dieser Satzung bestimmte, teure Sanierung einschränken, aber auch Vorkaufsrechte bei Weiterverkauf von Immobilien sind möglich um die bestehende soziale Zusammensetzung des Viertels zu bewahren. Der Hintergrund ist, dass die Stadt Infrastruktur baut wie z.B. Kitas und Schulen. Wird plötzlich aufgrund von massiven Preissteigerungen der Stadtteil für Familien mit Kindern unerschwinglich, wurden Kitas und Schulen ganz umsonst gebaut. Der Gesetzgeber hat mit der sozialen Erhaltungssatzung den Kommunen ein Mittel gegeben mit dem Ziel solche rasanten Verteuerungen zu verlangsamen.

In Dresden wird seit langer Zeit um die Einführung neuer Milieuschutzgebiete gerungen. Im Kampf gegen die Entmietung verschiedener Häuser im Hechtviertel hatte auch unser Bündnis u.A. die Ausweitung des Milieuschutz auf das Hechtviertel gefordert.

Einen entsprechenden Antrag zur Einführung neuer Milieuschutzgebiete in Pieschen/Hechtviertel, Löbtau-Nord und Neustadt-Ost stellten SPD und die Dissidenten. Im Juli 2022 lehnte der Stadtrat diesen Antrag mehrheitlich ab u.A. auch weil sich die Linke bei der Abstimmung enthielt.

Für die Ausweitung des Milieuschutz stimmten: SPD, Dissidenten, Die Grünen

Dagegen stimmten: CDU, FDP, AfD, Freie Wähler

Enthaltung: Die Linke

Nach der Ablehnung des interfraktionellen Antrags wurde stattdessen die Voruntersuchung von Friedrichstadt und Löbtau-Nord als potentielle, neue Milieuschutzgebiete fortgesetzt. Das Verfahren läuft nach wie vor und eine Entscheidung steht noch aus.

Aufkauf Vonoviawohnungen

Seit die Zinsen wieder gestiegen sind, sah sich das Wohnungsunternehmen Vonovia gezwungen einen Teil seiner Immobilien zu verkaufen. Darunter auch 6.000 Wohnungen in Dresden. Damit bot sich der Stadt, die bis dato nur noch 1% des Wohnraums in Dresden besaß, die seltene Gelegenheit, sich wieder etwas mehr Gestaltungsmöglichkeiten zu verschaffen. Zum anderen droht allen, deren Wohnungen nicht von der Stadt sondern einem Investor am freien Wohnungsmarkt gekauft werden, noch größere Mieterhöhungen. Deswegen forderte unser Bündnis letztes Jahr in einer Petition zusammen mit über 5.000 Unterzeichner:innen den Stadtrat dazu auf, so viele von diesen Wohnungen zu kaufen wie möglich. 

Am Ende wurden nur 1.213 Wohnungen sowie einige unbebaute Grundstücke gekauft. Als kleiner Erfolg wurde unsere Petitionsforderung übernommen, rechtlich sicher zu stellen, dass diese Wohnungen nicht wieder auf dem freien Markt verkauft werden. Die genauen Hintergründe und wie es dazu kam, könnt ihr hier nachlesen.

Für den Aufkauf stimmten: SPD, Die Linke, Die Grünen, Dissidenten, CDU

Gegen den Aufkauf stimmten: Freie Wähler, AfD, FDP

Zweckentfremdungsverbot

Wohnungen über Airbnb, Booking.com und andere Portale. als Ferienwohnungen zu vermieten bringt mehr Profit als die normale Miete. Dadurch wird der Wohnraum in Dresden aber auch knapper. Deswegen beschloss der Stadtrat im Februar 2024 ein Zweckentfremdungsverbot für die Alt- und Neustadt. Mit einer zweijährigen Übergangsfrist dürfen Wohnungen in diesen Stadtteilen künftig nicht mehr professionell als Ferienwohnungen angeboten werden. Die genaue Umsetzung muss derzeit noch von der Verwaltung ausgestaltet werden. Die gesetzliche Grundlage für das Verbot wurde zuvor auf Landesebene gelegt. Das Zweckentfremdungsverbot soll wie der Name schon andeutet bewirken, dass Immobilienflächen, die als Wohnraum ausgezeichnet sind, ihrem eigentlichen Zweck entsprechend auch genutzt werden. Dass bedeutet, dass mit diesem Verbot auch gegen andere Formen der Fehlnutzung vorgegangen werden könnte wie z.B. dauerhaften Leerstand.

Für das Verbot stimmten: Die Grünen, Dissidenten, Die Linke, SPD

Gegen das Verbot stimmten: AfD, CDU, FDP, Freie Wähler

Wahlprogramme

Im Folgenden wollen wir kurz & knapp die verschiedenen Wahlprogramme der Parteien und Wahlbündnisse im Hinblick auf die Wohnungspolitik einordnen.

An die bereits im Stadtrat vertretenen Parteien hat der Mieterverein Fragen zu ihren wohnungspolitischen Zielen verschickt, zu denen wir die Antworten hier ebenfalls verlinkt haben. Außerdem hat der Mieterverein eine kurze inhaltliche Zusammenfassung der Wahlprogramme veröffentlicht, die wir Dir ebenfalls nicht vorenthalten wollen.

CDU

Das CDU Wahlprogramm ist mit Blick auf die Wohnungspolitik wenig umfangreich und eher allgemein gehalten. Der Fokus zur Lösung der Wohnungskrise ist gerichtet auf Neubau, vor allem durch private Träger und ohne eine Priorisierung von sozial verträglichem Wohnungsbau.

Antworten auf Wahlprüfsteine des Mietervereins

SPD

Das Programm der SPD fällt im Vergleich relativ umfangreich aus und bietet konkrete Ansätze zum Thema Wohnen. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf dem sozialen Wohnen.

Antworten auf Wahlprüfsteine des Mietervereins

Bündnis 90 / Die Grünen

Relativ umfangreich und ausführlich fällt das Programm der Grünen aus. Ihr Fokus liegt auf sozialem Wohnen und ökologischem Bauen.

Antworten auf Wahlprüfsteine des Mietervereins

Die Linke

Eher durchschnittlich umfangreich zum Thema Wohnen ist das Programm der Partei die Linke, dafür allerdings mit konkreten Forderungen versehen. Ihr Fokus liegt auf sozialer Gerechtigkeit und Teilhabe.

Antworten auf Wahlprüfsteine des Mietervereins

Piraten

Die Piraten haben ein umfangreiches und detailliertes Programm zur Wohnungspolitik. Ihr Fokus liegt auf Sozialverträglichkeit und Mitbestimmung.

Antworten auf Wahlprüfsteine des Mietervereins

Dissident:innen

Die Wahlplattform Dissident:innen bietet in ihrem Programm klar ausformulierte Forderungen mit Fokus auf Mieterschutz und Mitbestimmung.

Antworten auf Wahlprüfsteine des Mietervereins

FDP

Das Programm der FDP zum Thema Wohnen ist durchschnittlich umfangreich und relativ konkret. Ihr Fokus liegt auf einem rein privaten Wohnungsmarkt möglichst ohne regulierende sozialstaatliche Eingriffe.

Antworten auf Wahlprüfsteine des Mietervereins

AFD

Das eher mittelmäßig umfangreiche Wahlprogramm der AfD setzt auch bei der Wohnungspolitik auf Abschottung. Darüberhinaus wird die Förderung privaten Wohneigentums angestrebt und nicht auf die Nöte der zur Miete Wohnenden eingegangen.

Antworten auf Wahlprüfsteine des Mietervereins

Freie Wähler

Die Freien Wähler haben in Dresden bisher, wie in den vergangenen Jahren auch, kein Kommunalwahlprogramm sondern lediglich ein kurzes Grundsatzpapier veröffentlicht. Entsprechend können wir nur auf ihr bisheriges Abstimmungsverhalten (siehe oben) hinweisen.

Auch für die Wahlprüfsteine des Mietervereins liegen keine Antworten vor.

Bündnis Freie Bürger Dresden e.V.

Die Freien Bürger waren bereits im aktuellen Stadtrat mit einem Sitz vertreten. Die Wählervereinigung hat ausdrücklich kein einheitliches Programm sondern überlässt dieses ihren Wahlbewerbern. Diese werden lediglich aufgefordert „sachbezogen, bürgernah und frei in den Entscheidungen“ zu handeln.

Zunächst Teil der Dissidenten Fraktion wechselten sie zur CDU und zuletzt zu den Freien Wählern, entsprechend änderten sie auch ihr Abstimmungsverhalten und ihre Ausrichtung während der Amtszeit. Entgegen Ihren vormaligen Wahlprogramm stimmten sie für die Absenkung der Sozialbauquote und gegen soziale Erhaltungssatzungen.

Antworten auf Wahlprüfsteine des Mietervereins

Die Partei

Die Satire-Partei war bisher Teil der Dissidenten Fraktion und tritt auch diesmal wieder mit einem 10-Punkte Programm an, in dem sie Forderungen stellen wie z.B. ein „Stadtweites Parkverbot für Holger Zastrow“.

Die Abstimmung erfolgt, wie auch in anderen Parlamenten in denen sie vertreten ist, willkürlich nach der Stimmung der Abgeordneten.

Im Dresdner Stadtrat stimmte die PARTEI grundsätzlich meistens linken Vorhaben zu. In Einzelfällen wurde davon aber auch bei Abstimmungen abgewichen, bei denen die PARTEI stimmentscheidend war.

Volt

Auch die gesamteuropäische Volt Partei ist diesmal in jedem Wahlkreis vertreten. Ihr Programm ist relativ umfangreich und detailliert, der Fokus liegt auf einer gesamteuropäischen Ausrichtung und sozialer Teilhabe.

Volt unterstützt Instrumente sozialer Wohnungspolitik wie Zweckentfremdungsverbote und Mietendenbeiräte. Durch dezentrale Planung von Sozialwohnungen sollen soziale Lasten gleichmäßig auf das Stadtgebiet verteilt werden. Für Azubis, Studierende und Freiwilligendienstleistende soll die Umzugsbeihilfe wiedereingeführt werden. Leerstand soll verringert werden, indem leerstehende Immobilien für soziale und kulturelle Projekte freigegeben werden. Außerdem will die Partei verkehrsberuhigte Superblocks wie in Barcelona schaffen.

Zur besseren Finanzierung des öffentlichen Wohnungsbaus sollen für alle erwerbbare städtische Wohnungsanleihen eingeführt werden.

Bündnis Sahra Wagenknecht

Das als Abspaltung aus der Linken hervorgegangene Bündnis tritt auch für den Dresdner Stadtrat an. Ein Programm für die Kommunalwahl existiert aber bisher nicht.

Team Zastrow / Bündnis Sachsen 24

Der ehemalige Vorsitzende der Dresdner FDP tritt nach seinem Austritt mit einem eigenen Projekt an.

Dessen Programm ist beim Thema Wohnen mittelmäßig umfangreich mit klaren Forderungen und konzentriert sich neben diversen Aufzählungen von Dingen, die der Stadtrat nach Zastrows Auffassung falsch gemacht hat, hauptsächlich auf möglichst unregulierten Wohnungsneubau durch private Investoren.

In ihrem Programm wendet sich die  Partei gegen kommunalen Wohnungsneubau durch die städtische Wohnen in Dresden (WiD). Förderungen von städteeigenenen Sozialwohnungen werden ausschließlich als unnötige Kosten dargestellt, ohne den Nutzen für die Stadt und Wertgewinn zu berücksichtigen. Zur Lösung der Wohnungskrise konzentriert sich das Programm ausschließlich auf Neubau und will diesen durch die Freigabe neuer Flächen zum Wohnungsbau fördern. Außerdem sollen Standarts und Mindestanforderungen an Neubauten gesenkt oder ganz abgeschafft und Neubaugenehmigungen weniger geprüft werden.

Wie sichergestellt werden soll, dass neugebaute Wohnungen auch für die Mehrheit bezahlbar sind, wird nicht thematisiert.

Freie Sachsen

Auch die von Kadern der ehemaligen NPD und anderer rechtsradikaler Parteien gegründeten Freien Sachsen sind mit Kandidaten in allen Wahlkreisen vertreten. Ein Kommunalwahlprogramm liegt bisher nicht vor. Da die Partei sich in ihrem Grundsatzprogramm und sonstigen Verlautbarungen aber fast ausschließlich mit den Themen Corona, Migration und der Unabhängigkeit Sachsens beschäftigt, ist auch nicht davon auszugehen, dass konkrete Vorstellungen zu Themen wie der Wohnungspolitik existieren.

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