Erfolg für hartnäckige Mieter:innenschaft – Mieterhöhungsverlangen konnten abgewendet werden!
In den vergangenen Monaten kam es von Seiten großer Immobilienfirmen zu Mieterhöhungsverlangen für Mieter:innen in Wohnungen ohne Sammelheizung – sprich: in unsanierten Häusern mit Öfen. Diese wurden mit §558 BGB und dem Mietspiegel der Stadt Dresden begründet.
Auf dieser Grundlage versuchten Vonovia und Berlinhaus, die Miete anzuheben. Doch von den Mieter:innen kam Gegenwind. Entgegen juristischen Beratungen hinterfragten einige die Anwendbarkeit des Mietspiegels 2023 grundsätzlich und gingen in Widerspruch. Nach intensivem Schriftaustausch mit der Vonovia und dem Ende der Frist, wurden sogar gegen einige Mieterinnen Klage eingereicht. Doch die Mieter:innen knickten nicht ein und Vonovia zog sowohl ihre Erhöhungsförderung als auch die Klagen auf eigene Kosten zurück!
Wir beglückwünschen die Mieter:innen für ihren Erfolg!
Hintergrund: Im Mietspiegel der Stadt Dresden des Jahres 2019 waren Wohnungen mit Ofenheizung explizit von der Anwendung desselben zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete ausgenommen. Im aktuellen Mietspiegel gibt es allerdings keine Unterscheidung mehr von Wohnungen mit und ohne Sammelheizung zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete, da sich keine nennenswerte Zahl im Datensatz fand. Und das obwohl in der Befragung von 4000 Wohnungen 209 mit Ofenheizungen ausgestattet waren. Die Auswertung zeigte, dass die Heizungsart keinen Einfluss auf die Miethöhe hatte und daher im Mietspiegel keine Erwähnung mehr fand. Das kann sowohl an der geringen Fluktuation bei ofenbeheizten Wohnungen liegen, weil Bestandsmieten nicht berücksichtigt werden als auch an der enormen Mieterhöhung bei Neuvermietungen.
Nach dem Hinweis durch die betroffenen Mieter:innen luden wir als Aktionsbündnis den Mieterverein und die Betroffenen zu einem gemeinsamen Gespräch ein, um darauf zu drängen, dass künftig Wohnungen mit Ofenheizung wieder gesondert im Mietspiegel Berücksichtigung finden und juristisch eine bessere Beratung in diesen Fällen erfolgen kann.
Im folgenden möchten wir einen Bericht der betroffenen Mieterin Bine P. dokumentieren:
Wie wir die Mieterhöhungsforderung der Vonovia abblocken konnten – oder kurz gesagt, Glück gehabt
Im September 2023 sandte die Vonovia standardisierte Mieterhöhungsforderung an einige ihrer MieterInnen. Darunter waren auch wir, Wohnende aus der Bischofswerder Straße in Dresden, welche noch in unsaniertem Wohnraum leben. Unsaniert bedeutet in diesem Fall das Heizen mit brennbaren Materialien wie Kohlen oder Holz, einem damit verbundenen staubigen Kohlenkeller, ungedämmte Bausubstanz, was bedeutet dass die Kellerdecke, das Dach und die Außenwände ungedämmt sind, marode Fenster, defekter Putz, Wassererwärmung mittels Boiler, Durchlauferhitzer oder Badeofen, usw.. Durch den Bauzustand haben wir sehr hohe Stromkosten, um über ausreichend Wärme oder warmes Wasser verfügen zu können. Wir waren mit dieser Forderung der Vonovia komplett überfordert, da wir natürlich noch günstiger als die meisten Mietenden in Dresden leben können, dafür jedoch einige Einschränkungen die eine Ofenheizung mit sich bringt, tragen müssen. Wir stehen bspw. in den Wintermonaten in eine eisigkalte Wohnung auf, die erst durch heizen eines Ofens über die kommenden Stunden sich langsam erwärmt, von Kohlenstaub, höheren Kohlenmonoxidwerten usw. mal ganz abgesehen. Die Vonovia argumentierte in ihrer Mierhöhungsforderung mit dem Mietenspiegel 2023. Wir konnten uns die Rechtmäßigkeit dieser Argumentation nicht vorstellen. Wir, das sind eine Mieterinnengruppe, die alle die Gemeinsamkeit teilen, unsaniert zu wohnen und eine Erhöhungsforderung erhalten haben. Aus diesem Gefühl der Ungerechtigkeit heraus entwickelte sich ein Prozess der Mietenspiegelanalyse, Diskussionsrunden, Abwegungsprozedur für Nicht-Zustimmung der Forderung oder eingeschränkter Zustimmung. Dabei entwickelten sich zwei verschiedene Denkansätze. Zum einen konnten Menschen diesen Mietspiegel 2023 für sich annehmen und sahen nur Einzelpunkte als fragwürdig oder widersprüchlich an. Der andere Teil hinterfragte die Anwendbarkeit des Mietenspiegel 2023 grundsätzlich. In den Mietenspiegeln aus den Jahren davor, 2019 und 2021, konnte man den Umgang mit Wohnungen mit Ofenheizung nachvollziehen. Hier waren Wohnräume ohne Sammelheizung noch von potentiellen Mietererhöhungsforderungen ausgeschlossen. Für uns war es nicht nachvollziehbar weshalb sich diese Vorgehensweise in 2023 geändert haben sollte. Der Mietspiegel dient als vergleichendes Instrument. Verschiedenste Wohnräume bzw. Merkmale dieser Wohnräume werden tabellarisch unterschieden. Das bedeutet, hier wird gefragt ob beispielsweise ein Bad ein Fenster hat, das Haus eine Wärmedämmung oder ob Leitungen neu/alt bzw. Aufputz oder Unterputz verlegt sind. Das alles ist drehen an ganz minimalen Stellschrauben. Zumal die Art und Weise bzw. der Inhalt dieser Fragen ebenfalls zu hinterfragen sind und offensichtlich ohne bautechnische Beratung formuliert wurden. Folglich stimmten wir der Forderung mit Begründung der fehlenden Vergleichbarkeit und nicht Abbildung dieser Wohnräume im Mietenspiegel, nicht zu. Jede Wohneinheit argumentierte ähnliches in eigener Weise, auch wurde die Idee formuliert, diese Debatte ggf. auch öffentlich zu führen. Es wurde klar, wir sind einige und nicht einzelne und scheuen auch den Kontakt zur Presse nicht. Während dessen galt es Nerven zu bewahren. Die Vonovia antwortete jeweils ebenfalls individuell und wohlwollend, jedoch auch mit Hinweis bei weiterer Nicht – Zustimmung den juristischen Weg zu wählen. Dieser Vorgang wurde 2xwiederholt. Wir spielten auf Zeit und beantworten jedes Schreiben erneut mit einer ausführlichen und und argumentativ immer besser werdenden Nicht – Zustimmung. Man wirbelte gegenseitig mit §578 des BGB umher bis alle Fristen aufgebraucht waren und letztendlich gegen einige der Gruppe tatsächlich Klage eingereicht wurde. Die andere Gruppe, welche anhand von Einzelpunkten des Mietspiegels argumentierte, bekam teilweise eine entsprechende Korrektur, welche jedoch aufgrund der Kappungsgrenze keine finanziellen Auswirkungen auswies. Diese MieterInnen tragen nun ca. 50 Euro mtl. mehr. 50 Euro monatlich = 600 Euro jährlich = 6.000 Euro in 10 Jahren!!!Und dann die Wendung für alle anderen. Die Vonovia zog Ihre Erhöhungsförderung gegen diejenigen, die standhaft geblieben waren, zurück! Selbst bereits eingereichte Klagen wurden auf Vonoviakosten zurück gezogen. Die Freude war riesig und der Glauben an juristische Gerechtigkeit groß. … Bis zum kommenden Tag. Durch Zufall war da ein Reflektionsgespräch mit der Vereinsführung des Mitervereins Dresden und Umgebung. e. V., welchen das Bündnis „Mietenwahnsinn stoppen“ angeregt hatte. Sie hatten dem Mieterverein ein Schreiben zukommen lassen, in welchem ca. 20 Personen sich eine bessere und progressivere Herangehensweise im Umgang mit dem Thema Durchsetzung des Mietenspiegels anregte und damit verbunden auch eine unterstützenderen Umgang in der Beratung ihrer MitgliederInnen. Und letztendlich achtet der Mieterverein ja nicht nur auf rechtmäßige Umsetzung des Mietspiegels. Sie sind auch an der Erstellung des Mietspiegels beteiligt in dem der Mietverein die Fragen formuliert, welche zur Vergleichbarkeit herangezogen werden. Wir freuten uns auf diesen Termin und schätzen es, dass der Mieterverein einen Diskurs dieser Art ermöglicht und uns dafür Zeit einräumt. Beim Termin ist der Mietverein sichtbar überrascht über den Ausgang der Auseinandersetzung mit der Vonovia. Sie hätten dies aus juristischer Perspektive für unmöglich gehalten, insbesondere da die Vonovia eigentlich nie die gerichtliche Auseinandersetzung scheut. Sie vermuteten hinter diesem Ausgang den Druck der Gruppe begleitet mit der Idee mit der Presse ins Gespräch zu finden. Was wirklich die Vonovia zum Rückzug bewegt hat, wird nicht mehr zu identifizieren sein. Der Blick in die Glaskugel zeigt eine Vielzahl an Möglichkeiten, sei es, dass die Gruppe der Nicht-Zustimmen zu klein für einen finanziellen Schaden und zu groß für einen Imageschaden war oder ggf. vielleicht einen bis dato unbemerkten Fehler in der Datenerhebung oder oder oder. Aber wie begründet der Mieterverein, dass nun doch die Ofenheizungen wieder im Mietpreiserhöhungsverfahren Berücksichtigung gefunden hatte und kein ausschließendes Kriterium mehr stellte. Die Antwort ist komplett ernüchternd. Der Mieterverein schildert die Vorgehensweise bei der Erstellung eines neuen Mietenspiegels. Die formulierten Fragen werden der zuständigen Stelle im Sozialamt übergeben. Diese beauftragt eine Firma für die statistische Erhebung. Diese Firma nimmt die Fragen des Mietervereins und versendet den Fragebogen an ca. 4.000 Dresdner Haushalte. Diese Haushalte sind dazu rechtlich verpflichtet den Fragebogen wahrheitsgemäß auszufüllen. Dabei dürfen sich allerdings nur Haushalt beteiligen, welche ihren Wohnraum in den letzten 6 Jahren neu bezogen haben. Alle anderen werden in der Statistik NICHT berücksichtigt. Wo man sofort wieder beim Thema ist, dass der Mietspiegel kein Mietspiegel im eigentlichen Sinne darstellt, da dieser Bestandsmieten gar nicht erfasst, sondern vielmehr ein Mieterhöhungsspiegel darstellt, da ja nur teure Neuvermietungen Berücksichtigung finden. Das ist eigentlich schon ein Ding maximaler sozialer Ungerechtigkeit. Der Rest ist reine Statistik. Die MieterInnen beantworten die Fragen und hinterlegen ihre Antworten mit ihrem Mietpreis auf den Quadratmeter. So ergibt bspw., dass Menschen mit bestimmten Wohnkriterien wie oben aufgeführt je nach Ausstattung mal 2% mehr Miete zahlen als andere oder auch mal einen Prozentpunkt weniger oder manche Merkmale sich auch gar nicht finanziell auswirken. Das wird dann in Folge in Mieterhöhungsverlangen seitens VermieterInnen herangezogen, um eine neue, aktuellere und natürlich auch höhere Miete zu verlangen. Und so fand wohl auch die Ofenheizung ihren Weg zurück in die Statistik. Angeblich gaben bei der Befragung für den Mietspiegel 2023 209 der 4.000 befragten MieterInnen an, innerhalb der vergangenen 6 Jahre eine Ofenheizungswohnung neu bezogen zu haben und hinterlegten ihre Aussagen mit einem Preis. Unglaublich!!! Wir fragen uns ernsthaft, ob dies realistisch wirklich den Tatsachen entsprechen kann. Interessant hier wäre wieviel Ofenheizungswohnungen in Dresden und Umgebung Tatsache überhaupt noch vorhanden sind und dass von diesem vermutlich geringen Prozentsatz dann auch noch 209 Wohnungen in den vergangenen 6 Jahren neu bezogen worden zu sein, scheint irgendwie überzogen und unreal. Vorallem wenn man den Bezugswert von 4.000 befragten Haushalten dazu ins Verhältnis setzt, scheint der Wert der Ofenheizungswohnungen doch etwas hoch zu sein. Hier wird ein völlig verzerrtes, realitätsfernes Bild der Bausubstanz in Dresden gezeichnet, welches man auf Echtheit zwingend noch einmal prüfen lassen sollte. In den Mietspiegeljahren 2019 und 2021 war der Wert wohl zu gering, um hieraus eine Vergleichsmiete zu ermitteln zu können und dadurch wurde daraus ein Mieterhöhungspreis ausschließendes Kriterium. Wo diese Wohnräume im Mietenspiegel 2023 hervorgezaubert wurden, bleibt für uns alle ein Rätsel.Und natürlich geht der interessierte Blick direkt zum Mietspiegel 2025, welcher sich derzeit in der Erstellung befindet. Werden da wieder Ofenheizungswohnungen von einem Erhöhungsverlangen ausgeschlossen sein? Wir vermuten ja, denn dass sich noch einmal eine derartig hohe Anzahl an Ofenheizungswohnungen in der Statistik befindet, wäre schon nahezu ein Ding der Unmöglichkeit. Sollte es dennoch so sein, sollte man sich die statistische Erhebung auf alle Fälle zeigen lassen. Wir vermuteten auch, dass ggf. fälschlicherweise Wohnungen in der Statistik berücksichtigt wurden, die eventuell über einen Kamin und zusätzlich eine Zentralheizung verfügen. Dies verneinte der Mieterverein und sagte explizit, dass hier tatsächlich nur ausschließlich mit Ofen beheizte Wohnungen berücksichtigt wurden. Es scheint absurd. Da jedoch die Vonovia von ihrem Mieterhöhungsverlangen absah, bedarf es hier unsererseits keine weiteren Nachforschungen. Wir setzen hier auf Bereinigung der Thematik im kommenden Mietspiegel. Denn nach der abge wehrten Erhöhung ist ja prinzipiell vor der kommenden Erhöhung. Schade ist es für die Menschen, die hier zugestimmt haben. Diese haben jetzt dauerhaft den höheren Preis zu tragen, egal was auch der kommende Mietspiegel tut oder lässt.Für mehr Gerechtigkeit und Transparenz haben wir dem Mieterverein unsere ehrenamtliche Unterstützung bei der Erstellung des aktuellen Mietspiegels angeboten. Leider wird hier kein Bedarf gesehen. Aber was nicht ist, kann ja irgendwann immer noch werden. Wir geben auf jeden Fall nicht auf!
Bine P.